Wenn es in Kristallen blitzt
Kollisionen von Quasiteilchen
DOI:
https://doi.org/10.5283/bidw.v26i35/36.5Schlagworte:
Quantenphysik, Quasiteilchen, KollisionenAbstract
Das Standardmodell der Teilchenphysik erklärt, aus welchen Bausteinen die Materie um uns herum aufgebaut ist und welche Kräfte zwischen ihnen wirken. In fester Materie, wie z. B. Kristallen, treten sehr viele dieser Teilchen miteinander in Wechselwirkung. Dann wird es ziemlich kompliziert. Genau zu beschreiben, wie die Teilchen in Verbindung stehen und welches Verhalten sich daraus ergibt, ist eine große Herausforderung. Gerade dieser Umstand macht die Festkörperphysik so spannend. In Festkörpern sind unzählig viele Atome dicht aneinander gepackt; in Kristallen folgen sie einer periodischen Ordnung. Dieser strikte Aufbau ist gerade durch die Wechselwirkung der Teilchen miteinander bedingt. Sie gibt vor, in welche Richtungen atomare Bindungen entstehen und wo sich das nächste Atom positioniert. Durch Anordnung und Kombination von verschiedenen Atomsorten entsteht eine Mannigfaltigkeit von Materialien mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften. Sie leiten zum Beispiel Strom oder Wärme unterschiedlich gut und erscheinen in spezifischen Farben. In diesem See von Teilchen in einem Kristall entstehen in vielen Fällen sogar neue Anregungen, die sich wiederum ähnlich wie ein einzelnes Teilchen verhalten können, jedoch eigentlich nur aus der Wechselwirkung aller Partikel bestehen. Dieser eigenartig anmutende Gedanke stammt von Lev Landau, und Physiker nennen diese Anregungen„Quasiteilchen“. Dieses Konzept ist heute ein zentrales Element der Festkörperphysik, denn die Beschreibung der komplexen Prozesse in fester Materie wird dadurch ungemein erleichtert und wesentlich anschaulicher. Doch wie real sind Quasiteilchen? Handelt es sich dabei in einem gewissen Sinne um „echte“ Teilchen oder doch eher um eine gedankliche Krücke, mit der Physiker sich das Leben erleichtern? Eine raffinierte Methode, diesen Quasiteilchen auf den Zahn zu fühlen, haben wir in Zusammenarbeit mit Physikern der Universität Marburg und der University of California in Santa Barbara vor Kurzem aufgezeigt.