Moroni und Menelik
Apokryphe Traditionen und Identitätskonstruktionen bei den Mormonen und im äthiopischen Christentum
DOI:
https://doi.org/10.5283/bidw.v29i41.145Schlagworte:
Apokryphen, Liturgiewissenschaft, Religionswissenschaft, Mormonen, äthiopisches Christentum, Identitätskonstruktion, Kulturelles Gedächtnis, apokryphe Traditionen, gruppenbezogene Narrative, Bundeslade, Tabot, Tempel, Goldplatten, materiale KulturAbstract
Nach Jan und Aleida Assmanns Konzept vom Kulturellen Gedächtnis nimmt der Kanon von autorisierten Überlieferungen einen zentralen Stellenwert in der Identitätskonstruktion von Gemeinschaften ein: Traditionen werden in einer komplexen Dynamik dann als bindend festgelegt, wenn sie für die Selbstvergewisserung zu einem Bezugsort geworden sind. Das Gedächtnis dieser Traditionen hat Gegenwartsrelevanz, insofern es die Identität der Gemeinschaft mitbestimmt. Im Kontext von Religionen etablieren sich so heilige Schriften, die als Offenbarung verstanden werden; im Christentum bildet die Bibel aus Altem und Neuem Testament den Kanon. Zugleich entstehen aber apokryphe (wörtlich: »verborgene«) Traditionen, die die kanonische Überlieferung fortschreiben und Lücken füllen; sie können mitunter in der gelebten Praxis eine hohe Bedeutung einnehmen, da sie Deutungsangebote stellen, die im Kanon nicht auf dem Radar waren.